Felix Neureuther im Interview

Erfahren Sie, welche Bedeutung Sport in seinem Leben spielt, welche Tipps er für Kinder und Jugendliche hat, um sie zu motivieren, sich zu bewegen und gesund zu ernähren, und wie diese Prinzipien in den Alltag von Kitas und Schulen integriert werden können. Felix teilt spannende Einsichten und Antworten auf diese Fragen in unserem exklusiven Interview. Ein Blick in diese Ausgabe lohnt sich – seien Sie dabei und lassen Sie sich inspirieren!

 

Fragen an: Felix Neureuther

Der 1984 in München geborene und in Garmisch-Partenkirchen aufgewachsene Sohn der deutschen Skirennläufer Rosi Mittermeier (Olympiasiegerin) und Felix Neureuther zählt zu den erfolgreichsten deutschen Alpinskifahrern aller Zeiten. Nachdem er seine aktive Karriere im März 2019 beendet hatte, wechselte er die Seiten: Seit Ende 2019 unterstützt Neureuther ARD und BR als Sportexperte, zudem bespricht er gemeinsam mit Quiz-Showmaster Philipp Nagel im Podcast "Pizza & Pommes" aktuelle Themen aus Sport und Gesellschaft. Im Programm "Beweg dich schlau!" der Felix-Neureuther-Stiftung versucht der Vater von drei Kindern schon die Kleinsten zum Sport zu motivieren.

1. Was bedeutet für Sie Bewegung?

Bewegung bedeutet für mich vor allem Spaß! Und erst dann, sich körperlich zu betätigen und aktiv zu sein. Und das ist unglaublich wichtig, denn wir alle bewegen uns viel zu wenig. Wir sitzen beim Essen, liegen auf dem Sofa und gucken aufs Handy oder den Fernseher, sitzen vielleicht noch acht Stunden bei der Arbeit, fahren kurze Wege mit dem Auto – das tut weder unserem Körper noch unserem Geist gut und verursacht viele Probleme und Krankheiten. Es muss ja auch nicht jeder gleich Leistungssport oder überhaupt Sport machen. Aber die Treppen statt des Lifts und das Rad statt des Autos zu nehmen, mehr zu Fuß zu gehen, allein das hilft schon ein bisschen.

2. Mit Ihrer Felix-Neureuther-Stiftung setzen Sie das Programm “Beweg dich schlau!” um. Welche Ziele verfolgen Sie damit?onen für Kinder aus?

Es ist einfach absolut notwendig, jetzt etwas zu tun, damit die aktuelle Situation in Zukunft besser wird. Nur darüber reden hilft halt nicht. Kinder und Jugendliche bewegen sich viel zu wenig. Mehr als 1/3 der 3- bis 10-Jährigen erreichen die WHO-Bewegungsempfehlungen nicht. Und das hat gravierende negative Folgen: Haltungsschäden, Übergewicht und chronische Krankheiten. Es ist extrem wichtig, sich schon von klein auf ausreichend und vielseitig zu bewegen, denn Sport trägt nicht nur zur physischen Gesundheit bei, sondern auch zur mentalen Ausgeglichenheit, Aufnahmefähigkeit und kognitiven Leistungsfähigkeit. Das hilft nicht nur im Alltag, sondern auch beim Lernen und in der Schule. Wir wollen dabei unterstützen, einen gesundheitsorientierten Lebensstil kennenzulernen und umzusetzen. Das betrifft alle Altersgruppen, beginnend mit den Kleinsten.

3. Wie schätzen Sie den Zusammenhang von Bewegung und geistiger Leistung ein?

Der Zusammenhang ist definitiv vorhanden. Ich selbst kann mich viel besser konzentrieren und mir Dinge merken, wenn ich mich dabei oder zwischendurch bewege und meinen Körper wieder in Schwung bringe. Bewegung fördert Körper und Geist. Das durfte ich selbst in meiner aktiven Karriere erfahren. Durch komplexe Bewegungsabläufe wird die Konzentration gefördert und es entstehen neue Vernetzungen im Gehirn. Ich mache auch heute noch regelmäßig koordinative und kognitive Übungen, die übrigens viel mehr Spaß machen als reine Liegestützen und Planks. Basierend auf meinen Erfahrungen habe ich dann gemeinsam mit der TU München das Programm “Beweg dich schlau!” entwickelt. Wie der Name schon sagt, geht es auch hier um spielerische Bewegungsübungen, die Kopf und Körper gleichzeitig aktivieren. Durch altersentsprechende Wahrnehmungs- und Bewegungsimpulse wird damit die motorische, kognitive und emotionalsoziale Entwicklung gefördert.

4. Was denken Sie? Wie kann man Kinder und Jugendliche motivieren, sich mehr zu bewegen und gut zu ernähren?

Neureuther: Es muss Spaß machen und für die Kinder und Jugendlichen auch Sinn ergeben, sonst machen sie es nicht. Das ist doch bei uns Erwachsenen dasselbe. Wenn uns eine Sportart keinen Spaß macht, dann können wir uns ja auch nicht dauerhaft dazu aufraffen. Die Übungen< von “Beweg dich schlau!” sind darauf ausgelegt, dass die Kinder schnell ein Erfolgserlebnis haben. Und zwar jedes Kind. Uns ist wichtig, dass wir jedes Kind da abholen, wo es gerade steht, ob total fit, ganz am Anfang, mit Übergewicht oder bei Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht. Durch Erfolgserlebnisse entsteht dann ein Energiekick, ein Zufriedenheitsgefühl und man bleibt dran.

5. Haben Sie Tipps für Kita und Schule (für Pädagoginnen, Pädagogen und Lehrkräfte), die man gut in den Alltag integrieren kann?

Neureuther: Wir stellen den Pädagogen und Lehrkräften umfassende Materialien und Informationen zur Verfügung, wie sie unser Programm im Alltag umsetzen können. Sie erhalten von unseren eigenen Coaches Impulse und Tipps zur ganz konkreten Umsetzung und können sich auch immer mit Fragen an uns wenden. Wichtig ist uns, sie wirklich dabei zu unterstützen und damit auch zu entlasten, statt ihnen mehr Arbeit aufzuhalsen, denn davon haben sie ja genug. Generell aber ermutigen wir vor allem auch die Lehrkräfte dazu, öfters mal aktive Pausen in Form von kurzen Bewegungsspielen oder Koordinationsübungen zu machen, statt den Lernstoff knallhart durchzuziehen. So bleibt einfach mehr hängen und alle haben mehr Spaß dabei. Da bietet sich zum Beispiel der Schattenlauf an: Es werden Paare gebildet. Ein Kind ist der Schatten eines anderen Kindes und muss alle Bewegungen nachmachen. Entweder stehen sie sich gegenüber oder machen es im Laufen.

6. Wie können Eltern zuhause unterstützen?

Neureuther: Wichtig ist, den Spaß an der Bewegung auch selbst vorzuleben und es immer wieder in den Alltag einzubauen. Öfters mal eine kleine Radtour machen oder zum Picknick in der Natur ein Frisbee oder einen Ball mitnehmen und auch bei schlechtem Wetter rausgehen. Außerdem stellen wir in unserem “Beweg dich schlau!”-Programm Übungen bereit, die man super als Familie zusammen machen kann. Dazu gibt es Videos mit unserem Maskottchen, dem Faultier Felix-Fauli, das die Übungen vormacht. Das ist immer eine Menge Spaß, vor allem, wenn die Kinder die Übung besser hinkriegen als die Eltern.

7. Hatten Sie selbst in Ihrer Kindheit/Jugend eine Art „Aha“-Erlebnis oder war Sport immer eine Selbstverständlichkeit?

Neureuther: Meine Eltern haben mir von Anfang an den Spaß an der Bewegung vermittelt. Da gab es von ihrer Seite keine Erwartung oder Verpflichtung, dass ich in ihre Fußstapfen treten und Leistungssportler werden muss. Das wollte ich dann selbst irgendwann, weil mir der Sport so viel Spaß gemacht hat und mir so viel mehr gegeben hat: Werte, Freunde, tolle Erlebnisse und Momente. Wenn ich einen Wettbewerb hatte und heimkam, war die erste Frage meiner Eltern nicht: “Welchen Platz hast du belegt?”, sondern “Geht es dir gut? Hattest du Spaß?” Sie haben mir keinen Druck gemacht, erfolgreich sein zu müssen.

8. Denken Sie, Bewegung und Sport können auch den Charakter bilden?

Neureuther: Auf jeden Fall, das habe ich selbst erlebt. Man braucht Geduld, weil nicht alles sofort klappt, man darf sich mit Rückschlägen und der eigenen Motivation auseinandersetzen, wenn man sich mal verletzt, man braucht ein Ziel, um darauf hinarbeiten zu können. Dazu muss man aber wissen, wohin man will. All das haben mir meine Eltern und der Sport vermittelt – und das gebe ich nun auch an meine Kinder weiter. Wenn sie sich sportlich betätigen - und das tun sie – werden sie all das spielerisch über den Sport lernen.

9. Fühlen Sie sich in einer Art Vorbildfunktion – und falls ja, wie beeinflusst es Sie?

Neureuther: Wenn ich meine Bekanntheit nutzen kann, um etwas in der Welt zu bewegen, dann tue ich das gerne. Neben “Beweg dich schlau!” habe ich gemeinsam mit meinem Vater das Projekt “Naturhelden” initiiert. Hier geht es darum, Grundschüler für die Folgen von Müll in der Natur und für ihre eigene Gesundheit zu sensibilisieren und sie zu motivieren, weniger Müll zu produzieren, diesen nicht in der Natur zurückzulassen und auch mal fremden Müll aufzusammeln. Wir leben in einer so schönen Umgebung, aber sie darf und muss auch geschützt werden. Und zwar von uns allen und nicht irgendwann, sondern jetzt. Da hilft es nicht nur, drüber zu reden, sondern wir müssen auch was tun. Und ich kann von meinen Kindern oder von anderen Menschen nichts erwarten, was ich nicht selbst mache. Also Vorbild zu sein geht eben auch mit Verantwortung einher. Da muss man sich auch immer wieder selbst an die Nase fassen.

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Credit: Matthias Fendt